Zusammenfassung
Heute an Pfingsten, der Tag zum Gedächtnis der Ausschüttung des Heiligen Geistes, möchte ich die Frage stellen: Was macht der Heilige Geist eigentlich heute mit uns?
Eine Antwort ist: Der Heilige Geist will mir – wie ein Navi, ein GPS im Auto – den für mich als überzeugten, bekennenden Christen, den besten Weg zu meinem Lebensziel anzeigen; er will mich darin unterweisen, diesen Weg zu erkennen; er will mich auf diesem Weg begleiten und mit seinen Augen leiten.
Ich werde zunächst an die hauptsächlichen Tätigkeitsfelder sowie die Erscheinungsformen des Heiligen Geistes im alten und neuen Testament erinnern. Diese Klarstellung wird uns helfen, die besonderen Navi-Funktion des Heiligen Geistes noch besser zu verstehen.
Ein paar dieser Funktionen werde ich etwas genauer anschauen: Der Heilige Geist leitet, verändert und prägt uns.
Jesus entfaltete die Lehre vom Heiligen Geist erst so richtig, nachdem er sein öffentliches Wirken abgeschlossen und sich vor dem Kreuzesweg noch einmal mit seinen Jüngern zurückgezogen hatte. Deswegen werde ich mich im Folgenden besonders auf die Lehren vom Heiligen Geist im Johannesevangelium Kap. 13 - 17 beziehen.
Missionen und Tätigkeitsfelder des Heiligen Geistes
Wenn wir nachfragen, im Zusammenhang mit welchen Tätigkeiten, Aufträgen oder Missionen der Heilige Geist in der Bibel erwähnt wird, fällt auf, wie vielseitig der Heilige Geist tätig war und ist. Mir scheint, das Werk Jesu lässt sich einfacher umschreiben; es zentriert um unsere Erlösung (Luk 4, 16).
Röm. 11, 36 gibt uns einen guten ersten Einblick in die Arbeitsteilung von Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist: „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“.
Gott der Vater, der SCHÖPFER, der VON-IHM. Von ihm sind wir geschaffen.
Gott der Sohn, der ICH-BIN, der DURCH-IHN. Durch ihn sind wir errettet.
Gott der Heilige Geist, der ICH-WILL, der ZU-IHM. Der Heilige Geist führt uns zum Bilde Gottes hin.
Das alte und neue Testament zusammengenommen finden wir mindestens 7 grosse Einsatzbereiche des Heiligen Geistes:
1. Die Bibel: Die inspirierte Schrift
Die Texte der Heiligen Schrift sind die umfassendste schriftliche Quelle der geistlichen Inspiration. Diese Texte sind ihren Verfassern vom Heiligen Geist gewissermassen in die Feder diktiert worden. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis der göttlichen Ordnungen. Wie diese Texte nicht ohne den Heiligen Geist entstanden sind, können sie auch nicht ohne Hilfe des Heiligen Geistes verstanden werden.
2. Petr 1, 20: „Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von den Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet“.
2. Die Schöpfung
1. Mos 1, 1: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“.
Der Geist war von Anfang an dabei. Und zwar in einer überaus wichtigen Funktion, die er auch heute noch ausübt. Wie der Geist die Schöpfung geprägt hat, will und kann er uns heute prägen.
3. Ausserordentliche Be-Geist-erung
Gott hat immer wieder Menschen für ausserordentliche Aufträge in seinem Namen ausgesondert. Dafür hat der Heilige Geist diese Menschen in Besitz genommen, sie zu diesem Zweck berufen, ausgerüstet, ausserordentlich bevollmächtigt und sie geheiligt, das heisst für Gott ausgesondert und bei Seite gesetzt.
Solche Aussonderung erfolgt etwa zum Verfassen von Texten der Heiligen Schrift, zur Auslegung göttlicher Botschaften, zur Ermahnung des Volkes Israel durch die Propheten, zum Gemeindebau durch Apostel.
Jer 1, 4: „Und des HERRN Wort geschah zu mir, Jeremia: ICH kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker. Ich aber sprach: Ach HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht, ich bin zu jung, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, alles, was ich dir gebiete“.
4. Geisteslehrer
Geisteslehrer sind vom Heiligen Geist erfüllte Menschen, die anderen Menschen, als Sprachrohr Gottes in der Funktion von Mentoren beigestellt werden. Der Heilige Geist konditioniert den betreffenden Menschen, sodass Gottes Absicht mit diesem Menschen wirksam werden kann.
2. Chron 24, 2: „Und Joasch tat, was dem HERRN wohlgefiel, solange der Priester Jojada lebte.17: „Und nach dem Tode Jojadas … verliess er das Haus des HERRN“.
Wir haben es hier mit einem Verantwortungsprinzip zu tun. Der Heilige Geist wirkt durch Menschen auf andere Menschen. Dieses ist ein eminent wichtiges Thema für die Gemeindearbeit. Der Heilige Geist ist Lehrer und Mentor.
Jud 20: „Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben, und betet im Heiligen Geist, und erhaltet euch in der Liebe Gottes … und erbarmt euch derer, die zweifeln“.
5. Geistliche Erfüllung
Immer wieder wurden und werden Menschen wie die Bibel sagt ’erfüllt und ergriffen vom Heiligen Geist’. Off 1, 10: „Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine grosse Stimme wie von einer Posaune“.
Phil 3, 12: „Ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin“.
Solche Erfüllungen sind lebenserschütternde Ereignisse, die auch viele von uns erleben durften, etwa als es uns in den Momenten der Bekehrung vor Ergriffenheit förmlich zu Boden gerissen hat. Die geistliche Erfüllung kann ein und demselben Menschen auch des Öfteren widerfahren.
In Ri Kap. 13-16 wird zum Beispiel die Geschichte Simsons beschrieben. 13, 25: „Und der Geist des HERRN fing an, ihn umzutreiben“; 14, 6: „Der Geist des HERRN geriet über ihn“ – und gleichlautend nochmals in 14, 19 und 15, 14.
Apg 9, 17: „Und Hananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn (Paulus) und sprach: Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest. Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er wurde wieder sehend; und er stand auf, liess sich taufen und nahm Speise zu sich und stärkte sich“.
6. Pfingsten: Bau der Kirche
Pfingsten ist vielleicht die bei uns populärste Erscheinungsform des Heiligen Geistes. Vor etwas über 2000 Jahren, 50 Tage nach dem Tode Christi, wurde der Heilige Geist „ausgegossen“.
Das Pfingstwunder ist ein spezieller und einmaliger Fall in der Kirchengeschichte. Pfingsten ist Besiegelung. Besiegelt wird das mit der Himmelfahrt abgeschlossene Werk Christi; besiegelt werden Gründung und der Aufbau der Gemeinschaft der Gläubigen zum Leib Jesu.
Apg 2, 1: „Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und ER setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie alle wurden erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen“.
7. Der Heilige Geist, unser Navi
Dieses ist unser heutiges Thema.
Der Heilige Geist unser Navi: Die Ausgangssituation
Ich möchte nun an ein Bild anknüpfen, das uns in den Gottesdiensten schon des Öfteren begegnet ist. Dieses Bild versinnbildlicht die biblische Grundlehre vom Evangelium Christi.
(Während der Predigt wurde folgendes Bild entwickelt: Ein Halbkreis, wie ein Regenbogen bestehend aus einem Teilbogen links, das Reich des Bösen und einem Teilbogen rechts, das Reich Gottes symbolisierend. Zwischen den Teilbögen eine Kluft. Der linke Teilbogen blieb dunkel, der rechte wurde schrittweise mit mehreren Farben zu einem Regenbogen ausgemalt).
Die Heilige Schrift lehrt:
Es gibt zwei grosse Reiche, die miteinander in Feindschaft stehen.
Einerseits das Reich Gottes und andererseits das Reich des Bösen (Satan, Teufel, Diabolos, Fürst dieser Welt, Widersacher, Antichrist, Knechtschaft der Sünde usw., die Bibel braucht hier mehrere Begriffe).
Es gibt zwei Wege für den Menschen, die in gegensätzliche Richtungen führen.
Einerseits der Weg zum ewigen Leben, der Weg zu Gott - und andererseits der Weg zum ewigen Tode.
Ein jeder von uns kann sich nur auf einem dieser beiden Wege befinden.
Es gibt auch keinen Standpunkt in der Mitte – denn die beiden Reiche trennt ein grosser Graben (Luk 16, 26).
Alle Menschen stehen nach dem Sündenfall unter der Herrschaft des Bösen (Ps 51, 7; Eph 2, 1).
Kein Mensch, mit keinem Gesetz und keiner noch so hoch entwickelten Moralität schafft es, aus eigener Kraft über die Kluft, den Graben in das Reich Gottes zu kommen.
Aber gemäss dem Heilsplan Gottes gibt doch einen Weg über die Kluft.
Dieser Weg heisst Jesus Christus. Sein Kreuz ist die Brücke über die Kluft (Eph 2, 4).
Der von Jesus erlöste und von Gott gerechtfertigte Mensch ist auf der anderen Seite des Grabens.
Der Weg über den Graben – diese Umkehr im Sinne eines Entscheids zur Hinwendung zum Weg in der Nachfolge Christi - war wohl für viele von uns ein ungeheuer emotionales, freudiges Ereignis im Sinne der wahrgenommenen Erfüllung mit dem Heiligen Geist. Wir fühlten uns wie neu geboren.
Aber wie sieht es nun auf der göttlichen Seite des Grabens aus?
(An dieser Stelle wurde ein Bild eingeblendet, das René Christen, Pastor der FEG Prisma, zur Illustration unserer Situation als suchende Christen entworfen hat: Ein kleines, einsames, verlorenes Männlein vor einem abenteuerlichen Weg durch Nebel, Gestrüpp, Schluchten, schroffe Gebirge, bedrohliche Situationen, bevor es dann schliesslich bei den Tresoren der geistlichen Schätze anlangt).
René hat uns im Abenteuer Gebet dieses Bild gezeigt: Dies ist ein Blick hinein in den Weg, der vor uns liegt, wenn wir anfangen in das Bild Gottes hineinzuwachsen: Steine, Schluchten, Dickicht, Nebel, totale Unübersichtlichkeit und Desorientierung – zunächst lauern da viele Gefahren und die geistlichen Schätze, die uns versprochen sind, sind noch weit, weit weg.
Oft ist das vorherrschende Gefühl am Morgen nach dem Entscheid für Jesus eben nicht das anhaltende Glücksgefühl der Bekehrung, sondern: Das Gefühl von Angst, Bedrängung, Verlorenheit.
So ist es auch mir ergangen: Ich armes Männlein, ging es mir durch den Sinn, alleine in diesen Schluchten. In was habe ich mich hier eingelassen? Vorne stösst es mich ab. Hinten zieht es mich zurück. Und Jesus verwendet für dieses neue Leben auch noch selbst Worte wie, das Joch oder Kreuz aufnehmen, es sei ein schmaler Weg, es käme eher ein Kamel durch das Nadelöhr, als der dem Reichtum anhängende Mensch in den Himmel.
Aber Jesus sagt auch:
Joh 16, 33: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“.
Dieser Satz hat mir immer etwas Mühe gemacht. Das Wissen, dass Jesus viel mehr Angst hatte als ich es je erfahren werde, dass er diese Angst überwunden hat und jetzt im Lichte Gottes steht – dieses Wissen hat mich persönlich nie so richtig ermutigen und vom Gefühl der Einsamkeit auf der Suche meines Weges in der Nachfolge Christi entlasten können.
Bis mir ein Licht aufgegangen ist: Joh 16, 33 steht in innerem Zusammenhang mit anderen Aussagen Jesu, nämlich:
Joh 15, 26: „Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, den Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir“.
Joh 16, 7: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden“.
Aha! Ich kleines Männlein, ich bin ja gar nicht alleine, ich bin begleitet. Da ist ja jemand, der die Wege durch den Dschungel kennt, einer, der im Nebel nicht im Kreis laufen wird, wie ich, einer mit einem Kompass, einem Navi in der Hand, eben genau der, der Heilige Geist.
Erscheinungsformen des Heiligen Geistes
Über den Begriff Tröster, wie ihn Luther verwendet, ist schon viel diskutiert worden. Und so wurden andere Begriffe wie Begleiter, Sachwalter, Vertreter Christi vorgeschlagen.
Immerhin sagt der Begriff Tröster aus, dass Jesus mit der Ankündigung des Kommens des Heiligen Geistes nicht eine Form irgendeiner geistlichen Energie, sondern eine Person meinte.
Der Heilige Geist – eine Person?
Lasst uns hier einen Moment innehalten und uns fragen, wie wir uns den Heiligen Geist denn überhaupt vorstellen.
Unsere Schwierigkeit, ein praktisch brauchbares Bild von der Person des Heiligen Geistes zu entwickeln, scheint unter anderem in den Begriffen zu liegen, welche die Bibel selbst für den Heiligen Geistes verwendet: Hauch, Wind, Geist (Ruach), rauschen, wehen, Taube, Flamme, Wasser, Öl etc. - alles Begriffe, die uns verleiten, den Heiligen Geist (nur) als eine Art Kraft oder Energie aufzufassen.
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass jeder dieser Begriffe im Zusammenhang mit jeweils verschiedenen Missionen oder Funktionen des Heiligen Geistes verstanden werden muss. Unsere persönliche Beziehung zum Heiligen Geist wird sofort viel klarer, wenn wir diese verschiedenen Bilder vom Heiligen Geist auch klarer den verschiedenen Funktionen des Heiligen Geistes zuordnen.
So gebraucht die Bibel das Bild vom Heiligen Geist als Taube nur in Bezug auf Jesus nach seiner Taufe. Das Bild der Feuerzungen ist beschränkt auf das Pfingstwunder. Das Bild vom Öl erscheint im Zusammenhang mit geistlichen Prozessen der Salbung, Heiligung, Heilung.
Zur Klärung unserer Vorstellung vom Heiligen Geist können wir auch so fragen: Welche Erscheinungsform hatte der Heilige Geist in einer bestimmten Situation, an der er beteiligt war?
Welche Erscheinungsform hatte er zum Beispiel bei unserer Bekehrung? Wenn wir unsere Bekehrung als unsere Antwort auf den Ruf des Heiligen Geistes verstehen, wäre der Heilige Geist so etwas wie eine Stimme. Oder wenn wir das Gleichnis vom Sämann (Mt 13) beiziehen, wäre er ein Same, den ich ablehnen oder annehmen kann, und der langsam aufgeht. Zum Gefühl der glücklichen Erfüllung nach der Bekehrung passt wieder das Bild des Heiligen Geistes als Wasser – und bemerkenswerter Weise kommen uns oft Tränen, wenn wir das Wirken des Heiligen Geistes in uns empfinden.
Parakletos: Der Begleiter der bekehrten Menschen
Und nun zurück zum Heiligen Geist in seiner Funktion als unser Begleiter oder – wie Luther übersetzte – unser Tröster.
Mein persönliches Bild vom Heiligen Geist hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, der Heilige Geist hat Gestalt angenommen. Vom Tröster ist dabei nicht viel übrig geblieben.
Für mich ist der Heilige Geist so etwas wie der Allgemeinpraktiker in der Medizin, die Sorte Mediziner die alles können, alles wissen, das Herz am rechten Fleck, den Kopf bei der Sache, die Füsse auf dem Boden und die Hand am Puls haben, die vor allem wissen, wann sie nichts machen und die eigenen Entscheidungen des Patienten und seine Selbstheilung zulassen sollten – die Generalisten, die Allrounder.
Im Griechischen nennt die Bibel diesen uns als Allgemeinpraktiker begleitenden, leitenden, verwandelnden Heiligen Geist Parakletos oder, eingedeutscht Paraklet.
(Parakletos: Helfer, der zur Hilfe Herbeigerufene. Der Heilige Geist heisst deswegen Paraklet, weil er das Werk Christi in der Welt und vor allem in den Glaubenden fortsetzt, während Christus die sichtbare Welt verlassen hat und an der Rechten des Vaters in Allmacht und Allgegenwart regiert. So könnte man sagen, dass der Heilige Geist für den einzelnen Glaubenden der Stellvertreter Christi ist, in dem Christus selbst gegenwärtig ist und der uns unsere Gotteskindschaft bezeugt, uns in jeder Lage beisteht und uns im Gebet vor Gott vertritt. Zitiert nach NT 3722 Elberfelder Studienbibel, Brockhaus 2005).
Nachdem sich meine Vorstellung vom Heiligen Geist derart konkretisiert hat, nachdem er, mit anderen Worten, Gestalt angenommen hat, ist meine ursprüngliche Angst vor meinem Weg in der Nachfolge Christi völlig verflogen. Im Gegenteil, ich habe mein wildes, kämpferisches, abenteuerlustiges männliches Herz wieder gefunden. Der Weg kann mir nicht anspruchsvoll genug sein und ich hoffe, dass ich noch viele Jahre für das Reich Gottes kämpfen darf. Allerdings begleitet von meinem Freund, dem Heiligen Geist, dem Parakleten, dem kundigen Trapper, der einem handfesten Indiana Jones ähnlicher sieht als einem schwebenden Geistwesen und der mich durch die wilden Pfade hin zum Bilde Gottes (ich sage lieber zu meiner wahren Identität) führt.
Wir sind schon mitten im Thema, was macht der Heilige Geist heute mit uns.
Die 10 Navi-Funktionen des Heiligen Geistes
Der Heilige Geist in seiner Rolle als Paraklet ist unser Navigator, der uns auf Kurs hält.
In dieser Rolle übt er verschiedene Funktionen aus. Und die erklärt er selbst so:
Es gibt noch andere Funktionen. Zum Beispiel sondert uns der Heilige Geist aus ( Joh 17, 17). Ich will mich jetzt auf die Punkte leiten, verändern, erziehen und prägen beschränken.
Wenn es um die Tätigkeiten des Geistes geht, braucht die Bibel sehr oft das Wort ich will. Es heisst ja auch:
„Der Geist weht wo er will“, und wie er will.
Das Wirken des Geistes ist enorm dynamisch. Hier geht es um Veränderungen, um Prozesse, um Vorwärtsdrang. Da wird weniger geweidet als getrieben. Das Treibende und Drängelnde sollte uns jedoch nicht verleiten, an eine Kampfbahn zu denken, über die wir vom Parakleten gehetzt werden. Der Geist ist zwar penetrant, aber auch geduldig.
Er weiss ganz genau: Der Weg unserer Veränderung in das Bild Gottes kann ein sehr langer, sogar harter sein.
Ich will dich auf dem Wege Jesu leiten
Ein geistliches Prinzip lautet:
Gott als Vater und Sohn will vor allem unsere Beziehung,
Gott als der Heilige Geist will vor allem unsere Erziehung.
Ein Navi, ein GPS im Auto soll uns zum Ziel leiten.
Es zeigt uns die wahrscheinlich beste Route an.
Das macht auch der Paraklet. Aber im Vergleich zum Navi im Auto gibt es, was den Parakleten anbelangt, einen wichtigen Unterschied. Das Navi im Auto brauche ich nicht unbedingt, um ans Ziel zu kommen. Aber auf dem geistlichen Weg komme ich ohne den Parakleten nicht aus. Letzterer sagt es selbst so:
Röm 8, 14: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Kinder Gottes“.
1. Petr 1, 20: „Getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet“.
Jes 48, 17: „So spricht der HERR, dein Erlöser: Ich bin der HERR, dein Gott, der dich lehrt, was dir hilft und dich leitet auf dem Wege, den du gehst“.
Gehorsam
Manche Menschen haben ein Problem, wenn sie in Bezug auf die Beziehung zu Gott Worte hören, wie: Erziehung; Gehorsam; Unterordnung.
Ich habe Menschen schon sagen hören: Wo bleibt da meine Freiheit. Darf ich nicht mehr selber entscheiden? Da bleibe ich doch lieber da, wo ich machen konnte, was ich wollte.
Was sollen wir dazu sagen? Wir sollen das sagen, was der Heilige Geist selber sagt:
Luk 22, 39 Jesus betete in Gethsemane: „Vater, nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich selbst will sondern was Du willst soll geschehen“.
Joh 16, 13: „Der Geist der Wahrheit wird nicht aus sich selber reden; sondern was er von mir hören wird, das wird er reden“.
1. Kor 6, 19: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört“?
Wenn Jesus Gott gehorsam ist und sich ihm unterordnet,
wenn sich der Paraklet Jesus unterordnet,
wenn Gott uns als seine Kinder ansieht ….
warum haben wir dann eigentlich Mühe uns unterzuordnen?
Gott hat uns die Freiheit der Entscheidung gegeben. Wir sind frei dem Rat Gottes zu folgen und uns auf seine Seite zu stellen. Wir sind aber auch frei, uns auf die andere Seite zu schlagen. Entweder oder. Unterordnung ist so oder so unabdingbar. Entweder wir dienen Gott oder wir dienen der Sünde – aber niemals beiden. Der Unterschied ist der:
Satan macht die Menschen, die sich ihm unterordnen, zu Sklaven (2. Petr 2),
aber Gott macht die Menschen, die sich ihm unterordnen zu Töchtern und Söhnen (Eph 1, 5).
Unterstellung, das heisst, sich der Fürsorglichkeit Gottes anvertrauen. Der Geist lehrt uns Anvertrauen.
Ich gebe zu: Ganz am Anfang meines geistlichen Weges fiel mir die Unterordnung noch schwer. Im alten Leben habe ich mich vor allem auf mich selbst verlassen. Ja, ich habe gebetet, Dein Wille geschehe. Aber dann habe ich mich umgedreht und gemacht, was ich wollte. Es kam mir doch gar nicht in den Sinn zu fragen, Vater, welcher ist denn Dein Wille?
Heute rede ich nicht mehr von Unterordnung. Ich rede von Zuordnung. Ich bete jeden Morgen: „Himmlischer Vater, ich will mich in Deine Ordnung eingliedern. Ich will noch besser auf die Stimme des Geistes hören, die mich leitet“.
Dass ich so etwas sagen kann, mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Gemüt, ist für mich der Beweis, dass der Paraklet mit/an mir arbeitet.
Kooperation, Veränderung
Ein anderes geistliches Prinzip lautet:
Gott als Vater und Sohn kann alles ohne uns,
Gott als Paraklet will nichts ohne uns.
Gott als Vater und Sohn kann alles ohne uns. Das Werk der Erlösung und Rechtfertigung geschah und geschieht ganz ohne uns.
Aber auf der anderen Seite des Grabens angekommen, wenn unser Wachstum hin zur vollen Reife als erwachsene Christen unter der Führung des Heiligen Geistes beginnt, geht nichts mehr ohne uns. Kein Bergführer würde einen widerspenstigen Kunden zum Gipfel zerren. Der Paraklet fordert unsere Kooperation – und zwar auf der Basis von Freiwilligkeit.
Es ist mein freier Wille, die göttliche Ordnung verstehen zu wollen - und danach zu handeln.
Es ist mein freier Wille, erkennen zu wollen, was aus meinem Leben verschwinden muss – und danach zu handeln.
Es ist mein freier Wille, die Heilige Schrift erforschen zu wollen – und danach zu handeln: aber alles und immer in Zuordnung zum Heiligen Geist.
Wir haben es hier geradezu mit einer Beweisführung zu tun, dass der Heilige Geist in uns ist: Ich kann klar erkennen, ob ich den Willen habe, die göttliche Ordnung, die Heilige Schrift und alles Widerspenstige in mir verstehen zu wollen. Dieser Wille ist ein Ergebnis der Wirksamkeit des Geistes:
Röm 8, 14: „Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Kinder Gottes“.
Der Beweis, dass der Geist Gottes in uns ist und uns leitet, ist unser Wille, uns dem Geist zuzuordnen.
In Joh 14/15 sagt Jesus : „Der Heilige Geist bleibt bei euch und wird in euch sein“.
Ich finde, das ist ein wirklich tröstender Gedanke: Wir sind niemals Geistes-verlassen, auch wenn wir selbst Geistes-abwesend sind.
Auch das bewirkt der Geist in uns, je mehr er Gestalt annimmt: Geistesgegenwärtigkeit und Heilsgewissheit (1.Joh 5, 13).
Unser früheres Wesen hat uns qualifiziert für unseren Lebensweg vor der Bekehrung, einen Weg unter der Herrschaft der Sünde.
Unser früheres Wesen hat uns disqualifiziert für den Weg in der Nachfolge Christi. Für diesen Weg brauchen wir ein neues Wesen.
Eph 4, 23: „Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an“.
Röm 12, 2: „Ändert euch durch die Erneuerung eures Sinnes“.
1. Sam 10, 6: zu Saul: „Und der Geist des HERRN wird über dich kommen; da wirst du umgewandelt und ein anderer Mensch werden“.
Hes 36, 27: "Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun“.
Wir erkennen das Wirken des Geistes daran, dass wir uns verändern.
Veränderung ist kein Vorgang über Nacht. Wir wurden geprägt von und auf und für den Weg der Welt, wie die Bibel sagt. Geprägt von unseren Gewohnheiten über Jahre und Jahrzehnte.
Alte Gewohnheiten werden nur durch neue Gewohnheiten verändert. Dass neue Gewohnheiten stärker werden als alte, ist ein zum Teil extrem mühsamer Prozess. Aber je weiter wir auf unserem Weg in der Nachfolge Christi gekommen sind, umso leichter wird uns dieser Prozess. Und umso mehr empfinden wir wirkliche Freiheit, bis wir irgendwann an einem Punkt angekommen sind, wo wir nur den Kopf schütteln können, dass wir es im früheren Leben so lange ausgehalten haben.
2. Kor 3, 17: „Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur anderen von dem Herrn, der der Geist ist“.
Prägung
An dieser Stelle möchte ich nochmals zurückgehen zum Anfang der Bibel. Hier wird uns bereits im allerersten Satz die Navi-Funktion des Heiligen Geistes, der lehrt, leitet, verändert und prägt vorgestellt.
1. Mos 1,2: „Und die Erde war wüst und leer und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“.
Was hat er denn da gemacht, der Heilige Geist, schwebend auf dem Wasser? Ich konnte mir nie recht vorstellen, dass solch ein Schweben für solch ein unternehmungslustiges, dynamisches Wesen, wie es der Heilige Geist ist, eine wirklich befriedigende Tätigkeit ist.
Bis ich auf die Bibelübersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig gestossen bin. Diese beiden jüdischen Geisteslehrer sind dem Begriff nachgegangen, den Luther mit ‚schwebte’ übersetzte. Sie verweisen darauf, dass das in 1. Mos. 1, 1 verwendete Wort nur noch einmal an anderer Stelle in der Bibel verwendet wird, nämlich in
Ps 91, 4: „Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln“.
Gemeint sei hier, dass die Schwingen des Adlers über den Jungen im Nest flattern, nach Buber ‚schwirren’, was die Jungen zur entsprechenden Bewegung ihrer Flügel und dann zu den ersten Flugversuchen animieren soll. Entsprechend ‚schwirrt’ der Geist in 1. Mos 1 über den Wassern.
Ist das nicht eine für uns heute unerhört lehrreiche Aussage über den Heiligen Geist? Denn Schwirren oder Vibrieren ist ein Vorgang, der sich im Sinne von Resonanz auf die Umgebung überträgt. Hierfür verwenden wir heute das Wort ‚Prägung’. Die alte Schöpfung wurde vom Geist geprägt. Wir sind eine neue Schöpfung – und auch wir werden vom Geist geprägt.
Lohnt sich das überhaupt?
Lohnt es sich überhaupt, den linken Teil des Bogens zu verlassen und sich auf den nicht immer einfachen Weg in die Nachfolge Christi zu begeben?
Es gäbe dazu sehr viel zu sagen, warum es sich lohnt.
Für mich persönlich gilt Folgendes:
Joel 3, 25: „Ich will dir die Jahre erstatten, deren Ertrag die Heuschrecken, Käfer, Geschmeiss und Raupen gefressen haben – du sollst genug zu essen haben und den Namen des HERRN, Deines Gottes preisen“.
Ich hatte wirklich ein gutes, erfülltes Leben – in der Familie, im Beruf, im Erreichen meiner Ziele. Für mich selbst ein Gewinn. Für das Reich Gottes aber waren es fast verlorene Jahre. Die Heuschrecken und Käfer – alle diese Zwänge, denen ich mich der eigenen Karriere willen unterzogen habe – haben den Ertrag, den früheren Ruhm gefressen.
Heute ist mir die Gnade des Glaubens gewährt worden. Jetzt werden mir die verlorenen Jahre erstattet. Mein himmlischer Vater, diese Jahre sollen ganz Dir gehören.
Lohnt es sich überhaupt?
Vor allem deswegen lohnt sich die intime Freundschaft mit dem Parakleten:
Eph 1, 12: „Damit wir etwas seien zum Lobe der Herrlichkeit Gottes“.
Man mache sich das immer und immer wieder klar: Durch den Geist sind wir wer!
Heiligung
Wenn wir uns zum Schluss nochmals die 10 Navi-Funktionen des Heiligen Geistes ansehen, könnte uns der Gedanke kommen, da fehlt doch der Begriff Heiligung. Ist nicht der Heilige Geist der uns heiligende Geist, der unsere Heiligung bewirkt?
Ich meine, alle erwähnten Navi-Funktionen zusammengenommen sind Teil der Heiligung. Abgesehen davon, dass Heiligung Bestandteil des Heilsplans Gottes ist und lange vor dem Graben begonnen hat. Aber auch der Weg in der Nachfolge Christi und alles was wir für diesen Weg tun und was der Paraklet dazu beiträgt, ist Heiligung, ist Be-Geisterung und Aufbau unseres Leibes als ein Tempel für unseren Gott.
Alles, was ich heute zu sagen versucht habe, ist in folgendem Vers zusammengefasst, den ich mir, weil er so kostbar ist, bis zum Schluss aufbewahrt habe:
Ps 32, 10: „Ich will dich unterweisen,
ich will dir deinen Weg zeigen,
ich will, dass du diesen Weg gehst;
ich will dich mit meinen Augen leiten“.
Das will der Heilige Geist.
Da bleibt jetzt nur noch eine Frage offen: Was willst Du?
Uerikon, 5. Juni 2012 gez. GN
Hinweis:
Die Pfingstpredigt und weitere Beiträge Gerd Nagels, sind auch als Videostream verfügbar.
Entsprechende Informationen, Downloads und Links finden Sie unter "Filme".